Köln-Ehrenfeld morgens um 6.

Von Karolina Kaltschnee

Früh aufstehen in Krisenzeiten.

Die Subbelrather Straße. Samstag. 6 Uhr.

Ich hab mit allem gerechnet. Ganz aufgeregt bin ich vor Mitternacht ins Bett gegangen.

Damit ich wirklich wach werde. Wie spannend das sein muss. Die aufgehende Sonne. Die ersten Arbeiter, Eltern mit ihren Kindern, Spaziergänger, Jogger. Der Duft frisch gebackener Brötchen.

An einem gewöhnlichen Samstagmorgen liegen Bierflaschen und Betrunkene rum.

So viele Möglichkeiten für einen so frühen Morgen in einer Großstadt. Um 6:03 Uhr verlass ich das Haus und gehe Richtung Grüngürtel. Dieser Streifen Park zieht sich wie ein Band durch Köln.

Alles tummelt sich da, vermaledeite Slackliner, Großfamilien und ihre Pappteller, verhuschte Jugendliche bei ersten Sexualkontakten.

Innere Kanalstraße. Ohne Autos.

Ich laufe ein wenig schneller,
nicht, dass ich noch was verpasse.
Ich überquere die Innere Kanalstraße. Absolut leer. Kein Nah- Mittel-, Fernverkehr.
Nicht ein einziges Auto.  Oh doch. Zack. Foto.

Ich stelle mich mitten auf die Kreuzung
und justiere die Kamera. So lang stand ich noch nie auf einer mehrspurigen Hauptverkehrsstraße.
Hinter mir die Autobahnauffahrt.  Aufregend!

Ich nähere mich dem Park, biege nach rechts ab.

Nichts.
Ich treffe Niemand.
Der Park ist leer. Kilometerweit.
Keine spielenden Menschen, Kinder, Hunde.
Niemand macht Sport.
Niemand joggt morgens um 6.
Die Sonne geht tatsächlich auf.
Nicht in den allerschönsten Farben,
aber zumindest liegt Raureif über der Stadt.

Niemand spielt.

Ich durchquere den Park, laufe zurück.
Vorbei an der Moschee.
Die Venloer Straße. Leer.
Sonst sind dort Scharen von Menschen.

Ein Auto.
Nicht Karibik, aber trotzdem okay.

Vor allem samstags,
wenn sie aus Clubs und Bars wanken.
Nach Hause gehen, in Taxis steigen.
Und die anderen.
Die sich zur Arbeit quälen.

Niemand.
Ich bin allein.
Noch leuchten vereinzelt Straßenlaternen.
Das eine oder andere Fenster steht offen.
Kein Bäcker, kein Zeitungsmensch,
keine Lieferfahrzeuge.
Nichts geschieht.


Ich möchte nach Hause.
Eine Stunde lang
bin ich in der Einsamkeit versunken.
Ich hatte mit allem gerechnet.

Aber nicht mit Nichts.

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